Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif: Dr. Bärbel Kofler zu Besuch im Heilpädagogischen Zentrum Piding

10. Mai 2016

Inklusion: wörtlich heißt der Begriff Zugehörigkeit und bedeutet die vollständige Teilhabe von Menschen mit Behinderung am öffentlichen Leben – ob im Kindergarten, in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit. Diesem Ziel hat sich die Bundesrepublik Deutschland bereits mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 verpflichtet. Der Weg dorthin ist aber noch ein weiter und steiniger, wie bei einem Besuch der heimischen Bundestagsabgeordneten Dr. Bärbel Kofler im Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) in Piding deutlich wurde. „Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif; sie braucht ein klares Konzept, genügend Zeit und vor allem ausreichende Mittel“, war sich die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung mit ihren Gesprächspartnern einig.

Bärbel Kofler wurde bei dem Besuch in Piding vom SPD-Ortsvorsitzenden Dieter Schäfer und dem Kreisrat und SPD-Kreisvorsitzenden Roman Niederberger begleitet. Freundlich in Empfang genommen wurden die Sozialdemokraten am Eingang des HPZ von zwei Schülern der Rupertusschule, die sie zur Einrichtungsleitung begleiteten. Dort wurden sie vom Schulleiter Gerhard Spannring, der Leiterin der Frühförderstelle Mia Frank und dem Leiter der heilpädagogischen Tagesstätte Christian Baier begrüßt.

„Auch als eigene Einrichtung für Menschen mit Behinderung fühlen wir uns dem Ziel der Inklusion verpflichtet und arbeiten daran“, stellte Gerhard Spannring zu Beginn des Gesprächs fest. Die Rahmenbedingungen seien dafür aber nicht einfacher geworden. So sind beispielsweise die eingerichteten Tandemklassen, in denen Schüler mit und ohne Behinderung unterrichtet werden eigentlich zu begrüßen. Derzeit gibt es drei Tandemklassen an der Grund- und Mittelschule in Freilassing. Aber es müssen laut Vorgabe des Kultusministeriums mindestens sieben Schüler mit einem „sehr hohem sonderpädagogischen Förderbedarf“, das bedeutet Kinder mit einer geistigen Behinderung, in einer Klasse unterrichtet werden. „Tatsächlich liegt der Anteil in der Bevölkerung bei ein bis zwei Prozent“, erinnerte der HPZ-Leiter. Dies führt u.a. dazu, dass solche Klassen nicht regelmäßig gebildet werden können, weil es die Kinder dazu einfach nicht gibt. Auf Nachfrage von Roman Niederberger machte er deutlich, dass die Gemeinde Piding das Projekt und auch die Schule immer nach besten Kräften unterstützt.

Mia Frank von der Frühförderstelle berichtete ebenfalls über einen schwierigen Prozess: „Oft hat man den Eindruck, man will Integration einfach durch Inklusion ersetzen, um sich den größeren Aufwand zu sparen“, kritisierte sie. Wichtig sei vor allem eine ansprechende Gestaltung des Umfelds in Schule und Kindergarten, eine bessere personelle Ausstattung durch Aufhebung der bestehenden Deckelung und ein durchdachter interdisziplinärer Ansatz. Wenn mit Begriffen wie „Einzel-Inklusion“ hantiert werde, widerspreche man sich ganz einfach selbst.

Im Mittelpunkt müsse immer das Wohl der Kinder stehen, ergänzte Christian Baier. Deswegen müsse man sich Zeit lassen bei der Anpassung der unterschiedlichen Systeme und funktionierende Modelle nicht voreilig verwerfen. Auf alle Fälle gehöre zu einem erfolgreichen Prozess der Inklusion auch eine gezielte Fortbildung von allen in den Bereichen Erziehung, Bildung und Betreuung tätigen Menschen, waren sich die Vertreter des HPZ einig.

Bärbel Kofler berichtete über die Vorbereitungen für das neue Bundesteilhabegesetz, mit dem die Rechte von Menschen mit Behinderung auf Bundesebene gestärkt werden sollen. Auch auf Landesebene gebe es Aktivitäten wie die Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirats „Inklusion“ und einer interfraktionellen Arbeitsgruppe im Bayerischen Landtag. Letztendlich komme es aber im Kern darauf an, die nötigen Mittel für eine erfolgreiche Arbeit für Inklusion bereit zu stellen und dabei die Kompetenz von Einrichtungen wie dem HPZ gezielt zu nutzen, zeigte sich die Bundestagsabgeordnete überzeugt. Dieter Schäfer und Roman Niederberger sagten zu, das Thema Inklusion in 2016 auch noch einmal politisch im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung aufzugreifen.

Zum Abschluss des Besuchs konnten sich Bärbel Kofler und ihre Begleiter noch von der Qualität der Verpflegung im HPZ bei einem gemeinsamen Mittagessen überzeugen.

Foto: Dieter Schaefer (Vorsitzender SPD Piding), Roman Niederberger (SPD-Kreisvorsitzender, Kreisrat), Dr. Bärbel Kofler, MdB, Mia Frank (Leiterin Frühförderstelle), Christian Baier (Leiter Heilpädagogische Tagesstätte) und Gerhard Spannring (Leiter HPZ)

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