Merkel und Aigner mauern

06. Juni 2013

Proteste des BDM in Berlin: Bäuerinnen und Bauern aus der Region in Berlin. Einsatz für fairen Milchpreis. Bärbel Kofler trifft Bauern aus der Region. Ein Bericht von Alois Albrecht

BGL / Traunstein / Berlin. (al) Kanzlerin Angela Merkel verärgert mit ihrer, wenigstens aus deren Sicht, drakonischen Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht nur die Süd-Europäer, sondern mit ihrem und dem Mauern von Landwirtschaftsministerin, Ilse Aigner, gegen eine wirksame Mengenregulierung auf dem Milchmarkt auch die Milchbauern Europaweit. Das wurde Anfang Juni bei Protesten in Berlin gegen diese Politik sehr offenbar. Neben Milchbauern und Unterstützern aus vielen Ländern Europas waren auch einige Busse mit Milchbauern aus dem Süd- und Südostbayerischen Raum, darunter dem BGL und Traunstein, nach Berlin gekommen, um bei Protestaktionen ihren Unmut über die Politik des Mauerns von Merkel und Aigner in Brüssel kundzutun.
Schon einen Tag früher als die Bauern sind diesmal die Bäuerinnen nach Berlin gekommen, zu einem Forum vor dem Bundeskanzleramt unter dem Titel: „Wir sind wieder da, denn seit 2009 hat sich nichts geändert!“. Damals hatten die Bäuerinnen auf die Krise der Milchbauern hingewiesen und seitdem hat, insbesondere der BDM, eine durchaus schlüssige Methode zur Milchmengenregulierung vorgeschlagen, die offensichtlich auch Milchbauern in anderen europäischen Ländern in gleicher oder ähnlicher Form übernehmen wollen. Geschehen ist auf der politischen Bühne in Deutschland jedoch absolut nichts. Stur halten Merkel und Aigner daran fest in 2015 den Milchmarkt ohne jegliche Mengenregulierung freizugeben. Für die kleinstrukturierte bäuerliche Milch- und Landwirtschaft wird dies den Todesstoß bedeuten, wie der BDM und andere Organisationen, wie die AbL, beteuern. Ein Banner bei der Demo in Berlin zeigte, diese Befürchtungen sind berechtigt. Laut statistischem Bundesamt ist die Zahl der Bauern seit 1990 bis zum Jahr 2012 von 629740 auf 288200 gesunken. Schuld daran dürften vor allem fehlende Perspektiven in der Landwirtschaft sein. Viele Bauern können von ihrem Erwerb in der Landwirtschaft nicht mehr leben und brauchen einen Nebenerwerb um finanziell über die Runden zu kommen und damit ihre Landwirtschaft zu alimentieren. Am zweiten Tag der Demo in Berlin brachten die Bäuerinnen und Bauern eine aus großen Strohquadern aufgebaute Mauer zum einstürzen, um zu veranschaulichen, was sie mit der politischen Mauer, die von der Politik gegen ihre Vorschläge errichtet worden ist, zu tun gedenken. Unterstützung erfuhren die Bäuerinnen und Bauern bei der Demo von allen im Bundestag vertretenen Parteien, mit Ausnahme der Regierungsparteien; CDU/CSU und FDP, von denen sich keiner der „Volksvertreter“ sehen ließ. Sowohl Bärbel Höhn von Bündnis 90 / Die Grünen, als auch Elvira Dobrinski-Weiß von der SPD und Alexander Süßmair von der Linkspartei ermunterten die Bäuerinnen und Bauern ihren Kampf fortzusetzen und versprachen Unterstützung bei der Milchmengenregulierung, wie sie der BDM anstrebt. Für die Bäuerinnen und Bauern aus den Kreisen BGL und Traunstein, die den langen Weg nach Berlin nicht gescheut hatten, kam auch die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis, Bärbel Kofler, um ihre Unterstützung für sie zu zeigen und ihnen Mut zuzusprechen. Kofler hatte sogar den Landesgruppenchef der SPD, Martin Burkert, mitgebracht, der den Bauern ebenfalls seine Unterstützung für die Erreichung eines fairen Milchpreises zusicherte.
Bei der Kundgebung sprachen auch Vertreter der Milchbauern aus Frankreich, Belgien, Holland, Italien und Polen, die beteuerten, sie alle hätten dieselben Probleme wie ihre deutschen Kollegen. Alle machen auch die Politik von Merkel und Aigner, sowie der konservativen Parteien in ihren eigenen Ländern und der EU für ihre missliche Lage verantwortlich. Besonders Merkel und Aigner und die Konservativen in den Mitgliedsstaaten, in Brüssel und Straßburg, ließen sich sehr willig vor den Karren der großen Agrarindustrie spannen und arbeiteten gegen die Interessen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, war der eindeutige Konsens der Sprecher. Besonders der Sprecher vom European Milk Board (EMB) aus Belgien, Erwin Schöpges, schalt auch die Medien, die vor kurzem Verlautbarungen verbreitet haben, wonach EU Agrarkommissar Dacian Ciolos die Vorschläge des BDM und EMB ablehne. Er habe deswegen einen Brief an Ciolos geschrieben, um zu fragen ob dies zutreffe. Ciolos habe darauf geantwortet und Schöpges las den Antwortbrief vor, der mit einem klaren „Nein“ begann. Ciolos stellte in diesem Brief dar, die Vorschläge der Milchbauern gingen im Gegenteil seiner Ansicht nach nicht weit genug und er wolle im September der EU Kommission und dem EU Parlament neue, womöglich noch weiter reichende Vorschläge zur Milchmengensteuerung vorlegen. In anderen Worten, meinte Schöpges, hätten der Politik und der Agrarindustrie hörige Medien den Sinn der Verlautbarung von Ciolos komplett umgedreht. Das sage nicht viel für die Pressefreiheit und besonders hier in Berlin und für Kanzlerin Merkel sollte diese doch eigentlich sehr viel bedeuten, meinte der Belgier. Abschließend zur Kundgebung wurde die Mauer aus Strohquadern eingerissen und der BDM Bundesvorsitzende und EMB Präsident Romuald Schaber versprach auch in Wirklichkeit alles Mögliche zu tun, um die Mauer einzureißen, die Kanzlerin Merkel und Landwirtschaftsministerin Aigner errichtet haben. Das wird uns, mit der Hilfe unserer Verbündeten aus den EU Ländern und unseren Aktionen auch gelingen, gab sich Schaber zuversichtlich.

Bericht und Fotos: Alois Albrecht

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