„Am 7. und 8. November 2016 habe ich die Delegation beim deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog geleitet. Wie auch die dreizehn Runden davor war es auch diesmal keine Routineveranstaltung. Einen solchen bilateralen Dialog haben wir nur mit China, und in jedem Jahr bekommt man wieder den Eindruck, der Dialog stehe auf der Kippe und werde von chinesischer Seite abgesagt. Letztlich – das ist meine Überzeugung – zahlt sich aber doch die Offenheit aus, mit der wir schwierige Themen ansprechen. Denn Offenheit macht verlässlich, und Verlässlichkeit ist Fairness. So wissen uns die Chinesen als fairen Partner in diesem Dialog zu schätzen – trotz aller Unterschiedlichkeiten, die ohne Zweifel bestehen.
Erstmalig in dieser Dialogrunde haben wir die gemeinsame Exkursion der beiden Delegationen, an den Anfang gestellt und sind in meine Region gefahren. So sind wir am Montag in Traunstein zunächst von Oberbürgermeister Christian Kegel empfangen worden, und beide Delegationen aus Deutschland und China haben sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Christian Kegel hat in seiner Begrüßungsansprache bereits einen Vorgeschmack auf das geboten, wovon wir uns dann im Laufe des Tages durch eigene Anschauung überzeugen konnten: Das unermüdliche private Engagement der Menschen in unserer Region für Asylsuchende schafft die Grundlage für Integration und ist nicht hoch genug bewerten. Diese Einschätzung wurde durch das folgende Programm in eindrucksvoller Weise bestätigt, als wir eine dezentrale Unterkunft und in Freilassing eine Einrichtung des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration – BAMF besuchten und mit Flüchtlingen, Flüchtlingshelferinnen und Mitarbeitern des Landratsamts und des BAMF sprachen. Die Diskussion mit den Flüchtlingshelferinnen hat uns noch einmal klar gemacht, wie wichtig es ist, auf die engagierten Stimmen der ehrenamtlich Tätigen zu hören. Eine lebendige Demokratie lebt vom Austausch von Politik und Zivilgesellschaft. Die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern darf nicht eingeschränkt werden. Kritische Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen, die sich für menschenrechtliche, soziale und ökologische Anliegen sowie für mehr Demokratie einsetzen, müssen gestärkt und besser geschützt werden. Vor dem Hintergrund dieser gemeinsam gemachten Erfahrungen verliefen die formellen Gespräche am Tag danach in Berlin nicht weniger kontrovers. Wir haben u.a über die Inhaftierung der Rechtsverteidiger, das neue NGO-Gesetz, die Lage der Tibeter und Uiguren, die Vorwürfe der Organentnahme und die Rechte Inhaftierter gesprochen, dabei wurden unsere zum Teil grundsätzlich anderen Haltungen zu diesen Themen deutlich. Aber – das ist mein Eindruck – man nimmt sich gegenseitig als Gesprächspartner noch einmal ein wenig ernster, wenn man vor den Gesprächen gemeinsame Eindrücke gesammelt hat. Insoweit hat sich das neue Format gelohnt. Mein chinesischer Gesprächspartner hat – auch in einer Pressekonferenz – eine Einladung nach China ausgesprochen und bereits jetzt zugesagt, dass ich auch ein Gefängnis inspizieren können werde. Wollen wir mal sehen, wie das dann in der Praxis aussieht. Zivilgesellschaft und Verwaltung in unserer Region haben sich am Montag von der besten Seite gezeigt, dafür möchte ich allen herzlich danken.“