Die heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Bärbel Kofler hat ihre Veranstaltungsreihe „Wie wollen wir leben?“, die sie inzwischen zum elften Mal durchführt an die aktuelle Situation angepasst: „Statt Präsenzveranstaltungen führe ich die Gespräche mit meinen Fachkolleginnen und –kollegen inzwischen online. Die vielen Fragen, die vorab und per Chat eingehen zeigen, dass wir auch so viele Menschen in der Region ansprechen können“, so Kofler.
Diesmal konnte Kofler ihren stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dr. Matthias Miersch bei einer Fraktion-vor Ort online-Veranstaltung begrüßen. Miersch ist seit vielen Jahren für die Themen Umwelt und Energie in der Fraktion zuständig. Der Abgeordnete aus der Nähe von Hannover stellte in seinem Eingangsstatement dar, dass man derzeit in einer sehr spannenden Phase im Energiebereich sei, die es so seit vielen Jahrzehnten nicht gegeben habe. Für die SPD sei klar, dass Atomkraft keine Zukunftstechnologie ist. „Man sieht in diesen Tagen leider, dass die Atomkraft eine Renaissance erlebt. Wir können als SPD-Bundestagsfraktion stolz sein, dass wir gesetzgeberisch die Weichen gestellt haben, sowohl aus Kohle, wie auch aus Atomenergie auszusteigen“, betonte Miersch. Für Deutschland sei das eine Riesenchance, da weltweit die Zukunft in Erneuerbaren Energien liege. „Es geht jetzt darum, die Umsetzung der Energiewende zu gestalten. Wir als SPD denken hier immer an den Zusammenhalt der Gesellschaft und gleichzeitig auch an die Zukunft. Den Umstieg auf die Erneuerbaren müssen sich alle leisten können“, so Miersch. Als Beispiel für den Einsatz der SPD in den jüngsten Verhandlungen zur EEG-Novelle führte er die Vereinbarungen an, die zum Mieterstrom mit dem Koalitionspartner getroffen werden konnten. Pläne der Union konnten verhindert werden, die den Weiterbetrieb von existierenden Solar-Altanlagen unrentabel gemacht hätten. Kommunen können künftig an Windparks partizipieren und für alte Windanlagen wurden Übergangsregelungen gefunden, die einen Weiterbetrieb ermöglichen. Aktuell verhandelt Miersch mit den Koalitionspartnern über die Ausbauziele der Erneuerbaren.
Bärbel Kofler stellte im Anschluss viele Fragen von Bürgerinnen und Bürgern an Matthias Miersch. Josef Simon sprach ein Lob an die SPD für die Erhöhung des von der EEG-Umlage befreiten Eigenbedarfs von 10 auf 30 kWpeak aus. „Das war wichtig, wir brauchen jede Dachfläche. Deshalb war es richtig, diejenigen zu privilegieren, die im Sinne der Allgemeinheit nachhaltigen Strom erzeugen. Das war ein Schritt, weitere müssen folgen“, stimmte Miersch zu. Josef Simon wollte außerdem wissen, wie der Mieterstrom weiter gefördert werden könne, damit auch Mieter an der Energiewende teilhaben könnten. „Das ist für mich als Sozialdemokrat eine ganz wichtige Frage. Denn nicht jeder hat eine eigene Dachfläche zur Verfügung. Mieterinnen und Mieter wollen aber auch an der Energiewende teilhaben. Bis jetzt war die Gewerbesteuerpflicht bei Mieteranlagen eine große Hürde. Diese Steuerpflicht soll künftig nicht mehr greifen“, erläuterte Miersch. Anders als die Energieträger Kohle oder Atom hätten die Erneuerbaren Energien den Vorteil, dass man auch in ganz kleinem Rahmen an der Energiegewinnung teilhaben könne. Jeder einzelne könne so die Potentiale der Sonnenenergie heben, ergänzte Miersch.
Christoph Annesser aus Kirchweidach brachte das Thema Geothermie zur Sprache. Gerade die Tiefengeothermie werde in der Wissenschaft durchaus kontrovers diskutiert, in seiner Heimat Niedersachsen werde das Thema von vielen sehr kritisch betrachtet, so Miersch. Oberflächennahe Geothermie sei aber eine gute Alternative und einer der vielen Mosaiksteine unserer künftigen Energieversorgung.
Robert Hagen aus dem Landkreis Rosenheim wollte wissen, wie sich der Strompreis weiterentwickeln werde. Miersch macht deutlich, dass die hohen Kosten für Kohle- und Atomstrom nie auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt worden seien. Bei den Erneuerbaren Energien habe man, dank Hermann Scheer, mit dem Anreiz der Einspeisevergütung einen anderen, revolutionären Weg beschritten, der weltweit Nachahmer gefunden habe. Das Problem dabei sei die Umlagefinanzierung dieser Vergütung, aus der in den letzten Jahren aber beispielsweise energieintensive Unternehmen herausgenommen wurden, um sie im Wettbewerb zu entlasten. Deshalb wolle man jetzt diese Umlage einfrieren, finanziert durch Gelder aus dem Konjunkturpaket. Die Vorstellung der SPD ist darüber hinaus, dieses ganze System umzustellen. „Wir wollen weg vom umlagefinanzierten System. Wir wollen dabei aber die Einspeisevergütung nicht abschaffen, sondern weiterhin Anreize schaffen“, so Miersch. Ob dann die Energiepreise sinken, werde eine politische Entscheidung sein, da man jetzt ebenfalls in die CO² Bepreisung eingestiegen sei. Miersch wies auf die vielen Pendelrinnen und Pendler hin, die in ländlichen Regionen vielfach auf das Auto angewiesen seien, keine Alternativen hätten und sich die Fahrt zur Arbeit leisten können müssten. Der Strompreis müsse aber grundsätzlich günstiger werden, die fossilen Energieträge müssten teurer werden, um den Umstieg weiter zu unterstützen, so Miersch.
Weitere Fragen drehten sich um Bürgersolarparks, dezentrale Netze, technologische Entwicklungen im Bereich Wasserstoff, um Windparks, die Förderung von Elektrofahrzeugen, Deutschlands Vorreiterrolle beim Umstieg als Industrienation zu den Erneuerbaren, kommunale Energieversorgung, das Erreichen der Pariser Klimaziele, die Energieversorgung in den Ländern des globalen Südens und vieles mehr. Petra Blum aus Tacherting stellte fest, dass ihre Ü20-Anlage längst abbezahlt sei, sich gelohnt hätte und sie weiterhin den Strom selbst verbrauchen könne.
Bärbel Kofler bedankte sich zum Schluss der Veranstaltung für die vielen Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und deren positive Rückmeldung zur Veranstaltung und für die kompetenten Antworten von Matthias Miersch. Sie lud ihren Kollegen herzlich ein, dieses so wichtige Thema, sobald es die Pandemie wieder zulasse, auch bei einer Veranstaltung vor Ort zu vertiefen. Kofler wies abschließend darauf hin, dass das Video der Veranstaltung weiterhin auf ihrer Facebookseite zum „Nachschauen“ zur Verfügung stehe, das sei auch ohne Facebook-Account möglich.